Paris-Brest-Paris 2019
78 Stunden. 1217 Kilometer. Quer durch Frankreich. Auf dem Rennrad. Für die meisten absolut undenkbar. Für Stefan Feilen hingegen inzwischen ein erfüllter Lebenstraum. Ein Bericht über eines der härtesten Ultracycling-Events in Europa, Paris-Brest-Paris.
Bericht von und über Stefan Feilen
Die Vorbereitungen
Am Samstagmorgen um 08:00 Uhr haben meine Frau, Günter, Paul Wolf und ich uns auf den Weg nach Rambouillet zum Startort gemacht. Paul und ich hatten beide um 16:00 Uhr den Termin zur technischen Kontrolle der Räder. Nach der Ankunft haben wir den Vereinsbus auf Campingplatz abgestellt und uns auf den Weg zur Anmeldung gemacht. Nachdem wir im strömenden Regen dann etwa eine Stunde in der Schlange zur Kontrolle warten mussten, haben wir dann unsere Startnummer zugewiesen bekommen. Ich hatte die Startnummer R107, gefahren wird mit einem Armband sowie einem Aufkleber auf Fahrrad und Helm.
Danach wurden bei der technischen Kontrolle die Reifen, Bremsen sowie Beleuchtung überprüft. Anschließend haben wir noch Trinkflaschen sowie unsere Brevet-Karte, Trikot, Windweste für nachts und Essenbons für sonntags erhalten.
Neuer Bekannter aus Trier
Und dann auf einmal kam ein Mann in meinem Alter auf den Bus zu und klopft. Ich öffne die Tür und er fängt an zu erzählen. Er kam auch aus Trier und wusste überhaupt nicht, dass es einen Radsportverein mit so tollen Auftritt gibt und lobt das ansprechende Design unseres Busses. Abends haben sich dann alle deutschen Starter noch getroffen. Einige bekannte Gesicht haben wir hier tatsächlich wiedergesehen. Nach dem Abendessen vor Ort ging es dann direkt ab in den Bus zum Schlafen.
Sonntag ab 12:00 gab es dann im Start Zielbereich Essen. Von dort gehen wir zur Einschreibung, um uns anzusehen, wie die ersten Starter losfahren. Danach ging es noch einmal kurz in den Bus zum Ruhen. Paul startete um 16:45 Uhr. Dann musste auch ich mein Rad fertig machen und mich anziehen zum Starten.
Das Rennen beginnt
Um 19:30 Uhr ging es für mich dann zur Einschreibung, um 20 Uhr erfolgte mein Start. Die ersten 20 Kilometer wurden wir von einem Auto aus der Stadt begleitet, anschließend fährt dann jeder sein eigenes Tempo. Bis zur ersten Kontrolle nach 118 Kilometern bleibt die Gruppe allerdings soweit zusammen. An der Verpflegungsstation fülle ich nur schnell meine Flaschen und esse ein Baguette. Danach geht es für mich direkt weiter. Alleine. In die Nacht hinein.
Die nächste Kontrolle ist nach 217 Kilometern. Es ist mittlerweile 04.30 Uhr und ich sitze bereits über 8 Stunden auf dem Rad. Ich gönnte mir einen Kaffee und 2 Croissants. Eine gute Entscheidung, denn bis zur nächsten Kontrolle bei Kilometer 306 sollte ich absolut keinen Rhythmus finden. Der Gegenwind macht es mental schwierig, außerdem drückt es auch noch die Geschwindigkeit. Die Nacht zieht sich wie eine Ewigkeit, bis sich dann endlich die Sonne zeigt und es langsam warm wird. Ab da läuft es dann besser für mich, ich fahre mein Tempo und genieße das Wetter.
Alles läuft wie geplant
Als ich bei der Kontrolle in Tinteniac bei Kilometer 360 ankomme ist es mittlerweile 13:30 Uhr und ich gönne mir ein umfangreiches Mittagessen. Die nächste Kontrolle ist dann bei Kilometer 445, ich treffe um 18:45 Uhr ein und entscheide mich dazu, nur einen kurzen Stopp einzulegen. So konnte ich noch länger bei Tageslicht fahren. An der Kontrolle in Carhaix nach 521 Kilometern ist es dann 23:30Uhr als ich eintreffe.
Hier warten Nina und Günter mit dem Vereinsbus, damit ich das erste Mal seit 28 Stunden etwas schlafen kann. Im Schnellverfahren hole ich mir meinen Stempel, esse etwas und ziehe frische Bekleidung an. Um 4 Uhr in der Früh wurde ich nach 4 Stunden Schlaf geweckt. Ich zog mich dann warm an, frühstückte und dann ging es gegen 5 Uhr weiter nach Brest zum Wendepunkt.
Die Hälfte ist geschafft
Den Moment der Ankunft in Brest werde ich wohl nie vergessen. Man sieht von der Straße bis auf den Atlantik, ein atemberaubender Blick. Hier habe ich dann nach 612 Kilometern ausgiebig gefrühstückt und mich anschließend auf den Rückweg begeben. Raus aus Brest ging es dann bei traumhaftem Wetter und zum ersten Mal mit Rückenwind. Es läuft richtig gut, es rollt fast wie von alleine. Ich habe tatsächlich keinerlei Schmerzen und Beschwerden, obwohl ich bereits etwa 25 Stunden im Sattel sitze.
Bei Kilometer 738 in St. Nicolas mache ich nur eine kurzen Stopp. Ich esse nur ein Baguette, fülle meine Flaschen und setze die Fahrt wieder fort, damit ich so lange wie möglich im Hellen fahren kann. Gegen 19:30 Uhr bin ich in Loudeac bei Kilometer 783. Hier wird wieder ausgiebig gegessen, Beleuchtung ans Rad gemacht und sich umgezogen für die Dunkelheit. Da wir natürlich nicht auf gesperrten Straßen unterwegs sind, ist es hier besonders wichtig, gut sichtbar unterwegs zu sein.
Die Schmerzen beginnen
Bis zur nächsten Kontrolle bei Kilometer 869 fangen langsam die Gesäßschmerzen an, aber da muss man halt durch. Trotz schwerer und der einsetzenden Dunkelheit und Müdigkeit, schaffe ich es bis 23:00 Uhr zur Kontrolle in Tinteac. Hier ziehe ich mich um, wasche mich und falle gegen Mitternacht förmlich in den Bus um zu schlafen. Um vier Uhr werde ich wieder geweckt. Mittlerweile habe ich im Rücken und in den Händen Schmerzen, mein Hintern schmerzt inzwischen sehr stark.
Als es dann anfängt langsam hell zu werden mache ich mich nach einem ausgiebigen Frühstück wieder auf den Weg. Ich brauche einige Zeit, bis ich wieder meinen Rhythmus finde. Gegen 08:30 Uhr bin ich an der nächsten Kontrolle und ich gönne mir die erste Portion Spagetti Bolognese. Ich merke das meine Pausen langsam länger werden, mein ganzer Körper fängt an weh zu tun. Nur meine Beine schmerzen noch nicht.
Das Ende langsam in Sicht
Nach der Pause geht es weiter in Richtung Paris, das Ziel schon wieder fest vor Augen. Gegen 14:00 Uhr habe ich die 1000 Kilometer-Marke geknackt und bin an der nächsten Kontrolle angelangt. Auch hier gönne ich mir wieder ein ausgiebiges Essen. Dann geht es weiter. Auf dem nächsten Teilstück dreht sich dann der Wind und wir haben wieder starken Gegenwind. An der nächsten Kontrolle bei Kilometer 1096 bekomme ich zum letzten Mal frische Klamotten, meine Beleuchtung für die letzte Nacht. Der obligatorische Radcheck ist miotlleweile Routine. Nach dem Essen geht es für mich weiter in die Nacht.
Gegen 23:30 bin ich bei Kilometer 1174 an der letzten Kontrolle angelangt. Hier musste ich auch noch mal ans Buffet, mein Körper schreite förmlich nach Essen. Ich fülle die Flaschen mit Cola, da ich auch die Müdigkeit merke. Danach ging es dann für mich auf das letzte Teilstück nach Paris. Für mich definitiv das mit Abstand schönste Teilstück. Die Schmerzen waren hier wie weggeblasen und ich rollte ganz alleine durch die Dunkelheit.
Ankunft in Rambouillet
Als ich das Ortsschild von Rambouillet sah, trat ich noch einmal richtig rein, es waren die letzten 5 Kilometer bis zum Schloss. Zum Abschuss ging es dann durch den wunderschönen Schlossgarten ins Ziel, wo meine Frau Nina und mein Schwager Günter mich schon erwarteten. Es war etwa gegen 02:30 Uhr, als ich nach 1219 Kilometer das Rad zur Seite stellte und mir eine große Portion Nudeln gönnte.
Danach ging es für mich in die Dusche, die erste Dusche seit 78 Stunden. das Wasser brannte an den offenen Blasen. Abtrocknen konnte ich mich nur sehr vorsichtig, es ist eher ein Abtupfen. Danach schlief ich seelenruhig und zufrieden im Zielbereich des ein.
Vielen Dank an den Verein, der mich bei meinem Vorhaben unterstützt hat und mir unter anderem den Vereinsbus zur Verfügung gestellt hat. Ein großer Dank gilt natürlich auch meiner Frau Nina und Schwager Günter, die mich perfekt betreut und zwischendurch motiviert haben. Das war für mich sicherlich nicht das letzte Mal bei Paris-Brest-Paris!
Spannende Eckdaten zum Rennen
- Bruttozeit 78h
- Nettozeit 53h
- Distanz 1219km
- Höhenmeter10600hm
- Kalorien 24000kcal
Paris-Brest-Paris Teil 1 (KM 0-645)
https://www.strava.com/activities/2689974177
Paris-Brest-Paris Teil 2 (KM 645-1217)
https://www.strava.com/activities/2689977270
#radsporttrier #schwalbe1932